Dortmund, 21.—23. März 2024 Konzipiert von Joachim Baur und Nora Sternfeld
Das Archiv herausfordern, den Raum aneignen, Gegen-Öffentlichkeit organisieren, alternatives Wissen produzieren, Bildung radikalisieren: In ihrem Buch DAS RADIKALDEMOKRATISCHE MUSEUM (2018) nimmt Nora Sternfeld eine Neubestimmung des Museums und seiner zentralen Aufgaben vor. Auf Basis radikaldemokratischer Theorie sucht sie Wege und Strategien, das emanzipatorische Potenzial des Museums auszuloten und seine demokratische Sprengkraft im Hinblick auf sich selbst zu aktivieren. Im Geiste der Institutionskritik, doch über die Kritik hinaus, entwirft sie Museen als Handlungsräume, die jenseits der Repräsentation auf Involvierung, Positionierung und Intervention in gesellschaftliche Auseinandersetzungen setzen. »Dem agonistischen Zugang zufolge«, zitiert sie Chantal Mouffe, geht es dabei um eine Praxis, »die sichtbar macht, was der dominante Konsens tendenziell verdunkelt [...] mit dem Ziel, all jenen eine Stimme zu geben, die innerhalb des Rahmenwerks der existierenden Hegemonie zum Schweigen gebracht werden.«
Radikaldemokratische Museumspraxis ergreift also Position, nimmt Stellung in notwendig konflikthaften gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Sie weiß sich verbunden mit sozialen und politischen Kämpfen. Sie begreift sich im Sinne einer Konfliktästhetik (Oliver Marchart) als kollektiv, organisiert, strategisch und verkörpert. Sie erweitert und intensiviert den Raum des Politischen. Radikaldemokratische Museumspraxis ist dabei Museumspraxis: Sie operiert mit den Mitteln und auf dem Terrain des Museums. Sie ringt in diesem Sinne auch um die Form und Strukturen der Institution.
Die Konferenz DAS RADIKALDEMOKRATISCHE MUSEUM REVISITED vom 21.-23. März 2024 im Dortmunder U setzte sich zum Ziel, Perspektiven des radikaldemokratischen Museums kritisch zu diskutieren, theoretisch zu erweitern und empirisch zu vertiefen. Entlang konkreter Fälle und Versuche, Ereignisse und Erfahrungen aus Geschichte und Gegenwart ging es darum, das Instrumentarium von Analyse, Kritik und Praxis zu schärfen: Was passiert im Museum, wenn es sich radikaler Demokratie verpflichtet? Was lässt sich aus der Geschichte des Museums bergen, das wir als radikaldemokratische Spuren und Momente begreifen können? In welchem Maße sind Ansätze kritischer, postrepräsentativerMuseumspraxis – Prozess, Ereignis, Teilhabe, Versammlung, Reflexivität … – in der neoliberalen conjuncture schon hegemonial eingespannt? Wie lassen sich radikaldemokratische Praktiken beschreiben und entwickeln, die sich gegen den neoliberalen Zugriff sträuben, die sich der Kanonisierung aber auch stellen und sie herausfordern? Welche (Infra-) Strukturen und (Arbeits-) Verhältnisse fördern oder untergraben radikaldemokratische Museumspraxis? Was heißt das radikaldemokratische Museum als Konzept und Perspektive, was als Institution?
Mit Beiträgen von: Isabella Albán, Lynhan Balatbat-Helbock, Natalie Bayer, Birgit Bosold, Silvy Chakkalakal, Ani Dießelmann, Jesko Fezer, David Gómez, Julia Grosse, Andreas Hetzer, Renate Höllwart, Suy Lan Hopmann, Claudia Hummel, Elke Krasny, Friederike Landau-Donnelly, Florian Malzacher, Oliver Marchart, Eva Meran, Christopher Nixon, Duygu Örs, Ingo Pohn-Lauggas, Aurora Rodonò, Irit Rogoff, Marie Rosenkranz, Madlyn Sauer, MO_Beirat des Museum Ostwall, Nada Rosa Schroer, Nanette Snoep, Lisa Stuckey, Karen van den Berg, Friedrich von Bose, Andrei Zavadski u.a.
Die Dokumentation aller Keynotes und Panels findet sich hier im PROGRAMM.
Konferenzbericht von Jocelyne Stahl auf H-Soz-Kult.
Fragen zur Konferenz richten Sie gerne an Andrei Zavadski unter andrei.zavadski [at] tu-dortmund.de
Veranstaltet von:
Institut für Kunst und Materielle Kultur, TU Dortmund und Professur für Kunstpädagogik, HFBK Hamburgin Kooperation mit dem ERC Projekt Prefiguring Democratic Futures (Universität Wien)
Kongressfotografie: Hannah Zühlke